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Digitalisierung

Schritt für Schritt zum digitalen Zwilling

Begehbare 3-D-Modelle, ein digitales Zuhause und Apps, die eine gemeinsame Sprache sprechen:  So digitalisiert GR Gebäude, Prozesse und Zusammenarbeit.

Bis 2030 sollen alle Bosch-Gebäude einen digitalen Zwilling bekommen – wie dieser Reinraum im Halbleiterwerk Dresden.

Dieser Satz ist schnell geschrieben: „Wir arbeiten an der flächendeckenden Digitalisierung aller Standorte.“ So unsexy und abstrakt, wie das klingt, können sich wohl die wenigsten etwas Konkretes darunter vorstellen. Dabei ist auch „die Digitalisierung“ letztlich etwas Handfestes – eine Abfolge vieler kleiner Schritte praktischer Arbeit, die von echten Menschen getan wird.

Wie zum Beispiel von Jan-Lukas Gehl. Der Process Owner kümmert sich bei Global Real Estate darum, analoge Arbeitsabläufe in Software zu übersetzen. Wenn etwa ein großes Loch gebohrt werden muss, arbeiten dafür unter anderem Architekten, Statiker, Bauarbeiter und Bürokräfte zusammen. Jan-Lukas Gehl und seine Kollegen schauen zunächst, was im Einzelnen getan wird und ob dies noch effizienter ablaufen kann. Dann finden und prüfen sie IT-Applikationen, die diesen Prozess abbilden – zum Beispiel eine gemeinsame Plattform, auf der alle, die an der Bohrung beteiligt sind, Informationen austauschen können. Die optimale Lösung dafür zu finden, ist durchaus aufwendig. Denn optimal heißt vor allem auch: möglichst kompatibel mit anderen Software Komponenten des GR-Universums. Und das sind viele. „Wir kommen bei GR in der IT aus einem dezentralisierten System. Bei unseren Liegenschaften haben wir bildhaft gesprochen 2 200 Schlösser mit 2 200 Schlüsseln statt einer gemeinsamen Schließanlage mit einem Generalschlüssel“, erklärt Thomas Walter, Leiter des Bereichs Business Digital Operation. „Im Computer-Aided Facility Management (CAFM), also dem computergestützten Gebäudebetrieb, nutzt jeder Standort bisher bis zu 50 unterschiedliche IT-Applikationen. Das summiert sich schnell auf tausende isolierte Anwendungen, die mitunter völlig unterschiedliche Schwerpunkte setzen, Sicherheitslücken aufweisen können – und eben mit anderen Anwendungen nicht immer kompatibel sind. Vorstellen kann man sich das wie eine Art babylonisches Sprachgewirr.“

„Die Digitalisierung ermöglicht uns, die Standorte langfristig sicherer und effizienter zu machen. Bis dahin gibt es aber noch einiges zu tun.“
Thomas Walter

Die Basis: Eine gemeinsame Sprache für die IT

„Im Idealfall versteht und spricht die IT unternehmensweit dieselbe Sprache“, sagt Thomas Walter. „Dann kann sie die Zusammenarbeit transparenter, einfacher und wirtschaftlicher machen und effektiv zur Wertschöpfung beitragen.“ Zudem werden Abläufe und Anforderungen transparenter und somit auch vergleichbarer. Das ermöglicht es, Best Practices und Benchmarks zu identifizieren und neue Standards zu setzen.

Um herauszufinden, welche Sprache die Lingua franca ist, werden derzeit alle Applikationen bei GR weltweit gesichtet und analysiert. Die, die sich unternehmensweit als sinnvoll erweisen, werden dann installiert. Die global einheitliche CAFM-Lösung zum Beispiel wird derzeit ausgerollt und soll bis Ende 2024 jedem Standort als verbindendes Element zur Verfügung stehen.

Auch bei der Planung und dem Bau neuer Gebäude läuft mittlerweile vieles digital: Das Building Information Modeling (BIM), eine Arbeitsmethodik auf Basis digitaler Bauwerksmodelle, ist inzwischen Pflicht. Lange bevor der erste Stein gemauert wird, simulieren die Experten am Computer damit architektonische, bauliche und technische Maßnahmen und Ausstattungen. Das hilft ihnen dabei, das Gebäude so effizient, ökologisch und gesundheitsfördernd wie möglich zu bauen – und Fehler dabei von vornherein zu vermeiden. Auch beim BIM geht es um verbesserten Informationsfluss, aber nicht nur. Alle Stammdaten, die dabei erfasst werden, nutzen dem Facility Management später im Betrieb. So weiß man etwa in jedem Gebäude ganz genau, wo sich welcher Temperaturfühler befindet. Besonders plastisch wird der Nutzen, wenn man diese Daten mit Bildern verbindet. So bereits geschehen an den Standorten Dresden, Roseville/USA und Penang/Malaysia: Dort wurden mit speziellen Kameras alle Räume und Flächen gescannt – und zwar rundum, 360 Grad. Das Ergebnis ist beeindruckend. „Wer in einen Reinraum schauen will, musste sich bis vor Kurzem noch eine Viertelstunde umziehen und zwei Paar Handschuhe überstreifen. Jetzt kann man dort einfach virtuell durchlaufen“, sagt Thomas Walter. Hilfreich ist das nicht nur für neue Mitarbeiter. An sogenannten „Points of Interests“ sind besagte Stammdaten hinterlegt und auf Klick abrufbar – etwa technische Informationen über Anlagen. Wer will, kann sich vom Schreibtisch aus jede einzelne Schraube anschauen. Und wer sich verirrt hat, lässt sich den Grundriss oder Routen anzeigen. Bis 2028 sollen alle Bosch-Gebäude auf diese Weise digital erfasst werden.

Nächstes Ziel: Der digitale Zwilling

Die aktuellen 3-D-Modelle dienen vor allem zur Ansicht – für Berechnungen, wie sie etwa für Umbauten nötig sind, sind die Kamera-Aufnahmen noch nicht präzise genug. Im nächsten Schritt gilt es daher, die Modelle zu vektorisieren und so zu schärfen, dass alle Maße genau stimmen. Jedes reale Gebäude soll schließlich einen digitalen Zwilling bekommen. Das oberflächlich Sichtbare muss dafür noch ergänzt werden, und zwar um die Daten aller Abläufe und technischen Vorgänge in Echtzeit. Diese sogenannten transaktionalen Daten sind zum Beispiel Verbrauchs- und Produktionsdaten; beim Temperaturfühler wären es die Temperaturwerte. In einem zentralen Datenpool werden sie dann mit den Stammdaten verknüpft und mithilfe von Künstlicher Intelligenz verarbeitet. Das erleichtert den Mitarbeitern künftig unter anderem die Wartung und Pflege von Anlagen, und sie können vorausschauend planen und Szenarien simulieren lassen, ohne unbedingt vor Ort sein zu müssen.

„Digitale Lösungen und Künstliche Intelligenz werden Menschen nicht ersetzen.“
Tanja Rückert

Ein digitales Zuhause: Das Virtual Home of Bosch

„Die Digitalisierung ist das Fundament all unserer strategischen Ziele“, sagt Tanja Rückert, in der Geschäftsführung der Robert Bosch GmbH zuständig für den Bereich Digital Business and Services. „Sie hilft den Menschen, indem sie ihnen Aufgaben abnimmt, die niemand machen will. Sie wird Menschen nicht ersetzen.“ Die Vision unseres Unternehmens: Jeder soll seinen Arbeitsplatz abends gesünder verlassen, als er ihn morgens betreten hat, Kreativität und Leistungsfähigkeit soll er in geeigneten Räumen voll entfalten können. Diese Räume bestehen in der Zukunft übrigens nicht mehr zwingend aus vier Wänden und einer Kaffeemaschine. Das „Home of Bosch“ wird auch im Metaverse gebaut. „Wir arbeiten an einer virtuellen Umgebung, in der Bosch-Mitarbeitende künftig auf der ganzen Welt ortsunabhängig interagieren und zusammenarbeiten können. Dieses Virtual Home wird Geschäftsreisen, den Fachkräftemangel und Umweltbelastungen reduzieren“, sagt Thomas Walter. „Digitalisierung ist kein Selbstzweck – sie ermöglicht Evolution.“

Interview

Was die Digitalisierung Projektleitern und FCM-Teams bringt, erzählt uns BIM-Process Owner Jan-Lukas Gehl.

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